Wettbewerbsgewinn 1. Preis | partizipatives, städtebauliches Werkstattverfahren CO_Wettbewerb, 22ha | 2024
dynamisches Raumwerk zur kollektiven Gestaltung des Campus Nord
Der Campus Nord der TU Braunschweig wird sich in den nächsten Jahren öffnen. Hier entsteht ein neues Stück Stadt, das Wohnen, urbane Landschaft, soziale Gemeinschaft sowie Lehre und Forschung zusammenbringt. Mit dem ‚prinzipCOOP‘ geben wir der Stadt Braunschweig, seiner Universität und den Bürger:innen einen Leitfaden zur schrittweisen und kollektiven Entwicklung des Areals mit auf den Weg. Ganz im Sinne von Hannes Meyer sind wir überzeugt, dass “Architektur ein Gestaltungsprozess des sozialen Lebens der Gesellschaft” ist. Dem folgend sollten die Stadt und ihre Gestalt nicht allein fachlich geplant und gebaut werden, sondern im Rahmen eines kollektiven Aushandlungs- und Gestaltungsprozess wachsen. Diesem Prinzip folgen wir mit unserem Beitrag für die zukünftige Entwicklung des Nordcampus (CO_Living Campus) der TU Braunschweig.
Was bedeutet dieser Vorschlag für das Nachdenken über Architektur, Landschaft du Gebietsentwicklung? Für einen Prozess, der schon begonnen hat und uns noch viele Jahre begleiten wird? Das ‚prinzipCOOP‘ beschreibt keinen einzelnen oder fertig geplanten Entwurf, sondern ist vielmehr eine Kuration unterschiedlicher Programme, Räume und Informationen, kontinuierlich erarbeitet im Austausch mit sämtlichen beteiligten Akteur:innen und Nutzer:innen.
Das städtebauliche Motiv des zukünftigen CO_living Campus arbeitet mit vorgefunden baulichen, landschaftlichen und sozialen Strukturen und erlaubt ein schrittweises Entstehen und Wachsen des Campus im Rahmen eines präzise definierten Raumwerks, das elementare und strukturelle Elemente langfristig sicherstellt. Innerhalb dieser für den Campus gesetzten ‚Leitplanken‘ bleibt die Entwicklung dynamisch und kann dadurch auf sich ändernde Bedarfe und Nachfragen reagieren und lässt in der konkreten baulichen, programmatischen und freiräumlichen Entwicklung Spiel- und Gestaltungsräume offen. (Zwischen-)Entwicklungsstadien stellen dabei einen ebenso plausiblen wie funktionierenden Ort für vielfältige Akteur:innen und Nutzer:innen, für Neues, Bestehendes und Temporäres zur Verfügung.
Die Grundidee des dynamischen Raumwerks gliedert das Gesamtgebiet in drei komplementäre Teilräume (Co-Living Campus, Co-Produktives Land, Co-Habitation/Campus-Wald) mit jeweils eigenen Atmosphären und räumlichen Konfigurationen, die entsprechend unterschiedlich angeeignet und genutzt werden. Über ein intuitiv orientierbares Netzwerk öffentlicher Wege und Plätze verknüpft sich ein strukturreicher Nordcampus in den umgebenden Kontext Braunschweigs.
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Projekt Information
Wettbewerbsgewinn | Orte & Räume jenseits bekannter Strukturen —unlearning eugenics1 —hin zur inklusiven Stadt | Erlangen 2023
Die Vorstellungen der Eugenik reichen – ähnlich wie die des Rassismus – bis in unsere Gegenwart hinein. Es wäre fatal zu glauben, sie seien mit 1945 einfach verschwunden. Dazu sind sie viel zu sehr in unsere Gesellschaft eingeschrieben. Jahrzehntelang wurden die Namen der Opfer der Euthanasie verschwiegen, waren sie als Gruppe der Verfolgten des NS-Staates nicht anerkannt. Auf der Seite der Mehrheitsgesellschaft ist das Wissen, dass sich während der NS-Zeit hinter den Mauern der Pflege- und Heilanstalten ein staatliches Mordprogramm mit 300.000 Opfern ereignete, selten mehr als in unscharfen Umrissen vorhanden. Die Mauern und die stadträumliche Verortung der Anstalten genauso wie unsere Sprache verbergen mitunter bis heute, dass „die Behandlung“, – man könnte auch sagen: Heil- und Pflege – „nichts anderes hieß als Mord.“2
Doch was bedeutet das für das Nachdenken über Architektur? Für eine Idee, die zugleich einen Erinnerungs- und Zukunftsort entwirft? – Für uns heißt das, eine Idee zu imaginieren, die den Mut hat, vorgegebene Denk- und Handlungsweisen in Frage zu stellen. Wir wollen statt einfach nur zu bauen, die Stadt und das Gelände der Heil- und Pflegeanstalt Erlangen aktivieren. Für uns ist Gedenken kein einzelner oder fertiger Entwurf, mehr eine Aneinanderreihung von unterschiedlichen Programmen, Räumen und Informationen. Deshalb schlagen wir mit unserem Konzept ein unlearning eugenics vor, das sich als Prozess und im Austausch mit der Stadtgesellschaft denkt.
1 Vgl. Dagmar Herzog: Unlearning Eugenics. Wisconsin: University of Wisconsin Press, 2020.
2 Zitiert nach Götz Aly
Projekt Information
gewonnen
Ort
Erlangen Heil- und Pflegeanstalt (Hupfla)
Type
Wettbewerbsgewinn Offener zweiphasiger Städtebaulicher Ideenwettbewerb
Felix Valentin Dingeldein & Lavinia Krick
Partnerin